Urlaub in Fukushima

Im April 2019 reiste ein Filmteam der deutschen TV-Wissenschaftssendung „Galileo“ nach Fukushima. Im Gepäck hatte das Team auch einen DolMo-Geiger-Müller-Zähler von NUVIA.

Zerstörte Städte und eine Nuklearkatastrophe sind nicht gerade die ideale Touristenattraktion. Aber eine schnelle Google-Suche nach solch einer Tour beweist das Gegenteil. Der Preis für eine 4- bis 5-stündige Tour beginnt bei 40 Euro. Im Preis inbegriffen sind eine Fahrt durch das Sperrgebiet und ein Blick auf das Kernkraftwerk Fukushima Daiichi. Im April 2019 nahm ein Filmteam der deutschen TV-Wissenschaftssendung „Galileo“ an einer solchen Tour teil. Im Gepäck hatte das Team auch einen DolMo-Geiger-Müller-Zähler von NUVIA.

Zur Vorbereitung auf die Reise in die Präfektur Fukushima erkundigte sich das Filmteam beim Institut für Strahlenmedizin des Helmholtz Zentrums München über die mögliche Strahlenbelastung: Neben der allgegenwärtigen Hintergrundstrahlung (z.B. in München ca. 0,1 μSv/h) wurden die Teammitglieder über die erhöhte Exposition in einem Flugzeug informiert. Für einen Flug nach Tokio wären es, je nach Höhe und Sonnenaktivität, zwischen 4 und 10 μSv/h. Zusätzlich zur externen Strahlung würde das Team während des eigentlichen Besuchs in der Sperrzone auch einer internen Strahlung durch Einatmen oder Verschlucken ausgesetzt sein. Als Vorsichtsmaßnahme empfahl der Experte des Helmholtz Zentrums dem Team, die getragene Kleidung nach dem Besuch im Sperrgebiet zu entsorgen und sich zu duschen. Abschließend wurde am DolMo für die Dosisleistung ein Alarmwert von 25 μSv/h eingestellt. Bereiche, die diesen Wert überschritten, sollten von den Reportern während des Trips vermieden werden.

Die Reporter nahmen einen Direktflug aus der bayerischen Landeshauptstadt nach Tokio. Nach drei Stunden Flugzeit wurde der DolMo Geiger-Müller-Zähler zum ersten Mal eingeschaltet. Das Gerät zeigte einen Wert von 5,5 μSv/h, was auf die kosmische Strahlung zurückzuführen war. Das entsprach dem 55-fachen der Gammadosisleistung in München. Das DolMo blieb bis zum Ende der Reise eingeschaltet.

Nach der Ankunft in der Präfektur Fukushima verbrachte das Filmteam den ersten Abend in einer Unterkunft in Minamisōma, 50 km nördlich des Kernkraftwerks. Die lokale Dosisleistung ist in der Regel vergleichbar mit der in München. Für die verbliebenen Bewohner der Stadt ist der Umgang mit der Radioaktivität Teil ihres Alltags geworden. Informationen über Kontaminationen an Lebensmitteln sind für sie inzwischen so selbstverständlich wie für uns ein Preisschild.

Am nächsten Tag begab sich das Filmteam zum Treffpunkt für die gebuchte Tour und näherte sich dem Kraftwerk auf nur 13 km Entfernung. Hier bewirtschaften die Bauern ihr Land bereits wieder. Die oberen kontaminierten Feststoffe wurden untergepflügt… Nach vier weiteren Kilometern waren viele Straßen und Gebäude „schon“ von ihrer radioaktiven Kontaminierung befreit worden. Darüber hinaus war ein engmaschiges, mit Sonden ausgestattetes Messsystem installiert worden. Der aktuell angezeigte Wert betrug 0,4 μSv/h – zehn Mal höher als vor der Katastrophe. Näher an den umliegenden Ruinen zeigte das DolMo fast 3 μSv/h: Die Neugier des Filmteams wich langsam einem Gefühl der Angst.

Dann begann die eigentliche Tour in das Sperrgebiet. Neben dem Filmteam und dem Tourleiter gehörten auch Touristen aus Deutschland und den Niederlanden zu der Besuchergruppe. Die erste Station war ein vom Tsunami verwüsteter Küstenstreifen. Von einem Aussichtsturm aus konnten die Touristen die Überreste eines Dorfes sehen. Bauarbeiter haben Tsunami-Barrieren errichtet – die Katastrophe darf sich nicht wiederholen. In einem ehemaligen Schulgebäude konnten die Besucher in den oberen Etagen noch Spuren der Wellen sehen. Den Schülern und Lehrern war es gelungen, innerhalb von nur 15 Minuten nach der Tsunami-Warnung auf einen Hügel zu fliehen und so ihr Leben zu retten.

Die Tour ging weiter. An den Straßen türmten sich große schwarze Säcke mit über 16 Millionen Tonnen verseuchter Erde und Schutt. Diese Säcke sollten hier für die nächsten 30 Jahre gelagert werden. Wie es danach weitergeht, steht noch nicht fest – die 30 Jahre entsprechen einer Halbwertszeit von Cäsium 137. Das heißt, im Jahr 2041 wird noch die Hälfte der ursprünglichen Aktivität vorhanden sein. In der Nuklearmedizin werden radioaktive Nuklide in der Regel für acht bis zehn Halbwertszeiten gelagert, bevor sie entsorgt werden.

Die Tour ging weiter. Abseits der Hauptstraße merkte das Filmteam bald, dass sich die Dekontaminierungsmaßnahmen meist auf die Hauptautobahnen beschränkten. Auf den Nebenstraßen stieg die gemessene Dosisleistung schnell an. Bei 6,3 μSv/h wendete der Tourleiter das Auto. Mit einer Sondergenehmigung ging die Fahrt in das Sperrgebiet weiter. 4,2 km vom Kraftwerk entfernt hatten die Dekontaminierungsarbeiten gerade erst begonnen. Staub lag in der Luft. Das DolMo zeigte 7,78 μSv/h. Jetzt waren das Filmteam und die Touristen nur noch 3,8 km vom Kraftwerk entfernt. Die Zeit stand still, und der Zustand der Gebäude spiegelte die dreifache Katastrophe wider.

Plötzlich, als es nur noch 2 km waren, tauchte das Kernkraftwerk Fukushima Daiichi – oder das, was davon übrig war – am Horizont auf. Nach einem oder zwei Schnappschüssen und einigen Blicken auf das DolMo (5,8 μSv/h) verließen die Touristen und das Filmteam diesen surrealen Ort. Zurück im Hotel warf das Team, wie der Experte empfohlen hatte, die getragene Kleidung, und mit ihr jede eventuell daran haftende Kontamination, in den Abfall.

In der Zeit bis zum Rückflug nach München erfasste der Geiger-Zähler eine weitere Dosis von 48 μSv. Die Gesamtdosis für das Galileo-Filmteam betrug also 92,9 μSv, wobei nur eine geringfügige Dosis von 8,5 μSv auf den zweitägigen Aufenthalt in der Präfektur Fukushima und im Sperrgebiet zurückzuführen war.

Auch nach acht Jahren waren die Auswirkungen der Katastrophe in und um die Präfektur Fukushima noch immer allgegenwärtig. Für Journalisten, Studenten und Forscher ist diese Expedition sicherlich aufschlussreich, und die zu erwartende Dosisleistung kann als harmlos angesehen werden. Bei reinen Katastrophentouristen wird jedoch ein fader Nachgeschmack zurückbleiben. Als einfacher Besucher fährt man nach dem Urlaub einfach wieder nach Hause. Die Menschen, die in der Sperrzone leben, haben diese Möglichkeit jedoch nicht…

Die vollständige Galileo-Folge sehen Sie hier: YouTube (nur auf Deutsch)

Bilder: Alle Bildrechte bei ProSiebenSat.1 Media SE

Produkt : DolMo Geiger-Müller-Zähler

 

 

Ausgehend von den Schlussfolgerungen nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima wurden die Empfehlungen der deutschen Strahlenschutzkommission für den Bau und Betrieb von Krisenzentren nach einem Reaktorunfall überarbeitet. Mehrere deutsche Bundesländer, darunter Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein, haben diese neuen Empfehlungen bereits umgesetzt.